Fast eine kleine Wallfahrt - auf dem Weg zum Bäcker nach Haidgau
Seit
einigen Jahren gibt es in Mennisweiler, einem beschaulichen Ort, der
kommunal zur Stadt Bad Waldsee gehört, allerdings kirchlich der
vielleicht größte Teil der Kirchengemeinde Molpertshaus ausmacht, die
seit dem Jahr 2000 zur Seelsorgeeinheit Oberes Achtal gehört, keinen
Bäcker mehr. Seitdem gibt es - wie fast immer - auch in Bezug auf
die Brotversorgung mehrere Möglichkeiten, entweder man backt selber
oder verzichtet ganz auf Brot oder geht in einen der Versorger in
Bergatreute, Wolfegg, Bad Waldsee oder Bad Wurzach (aus allen der
genannten Kommunen kommen Menschen in der Kirchengemeinde zusammen), um
sich dort das Brot zu besorgen. Ein Bäcker vor Ort, der sich noch in
der Tradition der Dorfbäcker versteht, wie es eben die Bäckerei Fehr in
Mennisweiler einstmals war, hat in Haidgau seine Backstube und den
Verkaufsraum mit der Möglichkeit, auch mal bei Kaffe und Brezel sitzen
zu bleiben.
So sind auch Mennisweiler Bürger,
vornehmlich samstags, auf dem Weg zur Bäckerei Schneider in Haidgau,
entweder mit dem Fahrrad oder im Auto, eher selten zu Fuß. Nun kann
man, vom unteren Panoramaweg ausgehend, auf dem Fahrradweg zum Bäcker
Schneider, gleich noch ein kleine Wallfahrt machen. Man kommt nämlich
an nicht weniger als zwei
Kapellen, vier Bildstöcken, einem Engel und mindestens 6 Wegkreuzen
(wenn man den Blick noch ein paar Meter entfernt von der Straße
richtet, sogar 8) vorbei. Los geht's schon von zuhause, wo ein weißer Bildstock
der Familie des Schreibers dieser Zeilen steht, in dessen Nische das
Jahr über entweder Monatsheilige, Maria, Josef, die Heilige Familie,
ein Kreuz, aber auch mal nur eine Kerze oder an Gründonnerstag ein
kleiner Topf und ein Hahn (also für das Letzte Abendmahl und die
dreimalige Leugnung des Petrus, bevor der Hahn kräht) steht. An der
Einbiegung auf die Bürgerstraße liegt, so etwa 20 Meter rechts in
Sichtweite der aus Steinen von Alois Bareth gemauerte Marienbildstock. In der Bürgerstraße sieht man auf der rechten Seite ein gusseisernes Wegkreuz von der Familie Ruf. Rechts, auf dem St. Blasius-Weg ist ein Marienbildstock beim Haus Maucher auf der linken Seite und rechts beim Haus Wenk/Huber eine moderne Engelsstatue. Danach geht es ein paar Kilometer lang auf der L 317, an der zunächst wiederum ein gusseisernes, mehrfach repariertes Wegkreuz steht (und wie angedeutet, etwa 100 Meter weiter ein Stahlkreuz bei der Fa. Neyer), kurz danach die Eligius-Kapelle Mennisweiler, die
seit 40 Jahren von Mesnerin Gerda Schuhmacher nicht nur gepflegt,
sondern auch mit Andachten das Jahr über mit geistlichem Leben erfüllt
wird. Noch vor einigen Jahren stand beim ehemaligen Gasthaus "Zur
frohen Aussicht" eine kleine Lourdesgrotte, die mittlerweile aber,
vielleicht auch wegen Baufälligekit abgebaut wurde. Der
Lourdes-Madonna, so der jetzige Besitzer, "geht es allerdings gut".
Diese stehe im Wohnzimmer auf der Fensterbank. Nach etwa einem
Kilometer, also schon in Zwings, wird es dann
geradezu wegzeichenintensiv. Auf der rechten Seite die frisch renovierte Josefskapelle, seit ewigen Zeiten von der Familie Liebrich gepflegt und gehegt, fast direkt gegenüber ein Wegkreuz aus Metall und wenige Meter weiter ein Bildstock
mit drei Nischen, in denen Bilder der Bergatreuter Maria vom Blut, des
hl. Eligius und des hl. Sebastian zu sehen sind. Auch dieser Tuffstein-Bildstock aus dem Jahr 1791
wird von der Familie Wild bestens gepflegt und immer wieder
instandgesetzt, so zuletzt mit Nachmalen der Inschriften. Bevor dann
nach etwa einem weiteren halben Kilometer die L 317 verlassen werden
kann und der ruhigere Nebenweg befahren wird, passiert man noch ein
weiteres, eher einfach gestaltetes und schon leicht beschädigtes Wegkreuz aus Metall.
Kurz vor dem Stoßler-Hof, dem Ausgangspunkt für die alljährlichen
Bastiani-Fußwallfahrten der Mennisweiler und derer aus Roßberg, Furt,
Engetweiler und Oberurbach, stand noch vor wenigen Jahren auf der linken Straßenseite ein etwas in Schieflage geradenes Wegkreuz, das mittlerweile wohl abgebaut wurde, und rechts, unmittelbar vor der Hofstelle, ein weiteres Wegkreuz mit
einem gold glänzenden Christuskorpus. Dann geht es etwa einen weiteren
Kilometer lang auf dem Bastiani-Pilgerweg in Richtung Haidgau, wobei
man an zwei Gabelungen vorbeikommt, an denen jeweils ein Kreuz stand. Das erste war aus Metall, konnte aber an Ostern 2025 nicht mehr gefunden werden, das zweite, renovierungsbedürftige aus Stein
säumt die Straße noch immer. Und dann ist man auch schon bald beim
Bäcker, dem
eigentlichen Ziel der "Brot-Wallfahrt" von Mennisweiler nach Haidgau.
Ein Blick auf die Hofstelle gegenüber der Bäckerei lohnt sich, weil an
der Hauswand in einer Nische noch eine Madonna im Stile der
Fatima-Madonna steht. Selten, dass die einstmals weit verbreitete
Praxis, das Hofhaus mit einer Heiligenfigur oder einem Kreuz unter den
besondern Segen zu stellen, mittlerweile kaum mehr anzutreffen ist.
Nachfolgend sind einige der Wegzeichen in der genannten Reihenfolge
abgebildet.
Pfarrer i.
R. Adolf Schuhmacher mahnt „Grenzüberschreitungen“ an
Molpertshaus,
08. Mai 2021 - Pfarrer i. R. Adolf Schuhmacher hat in der Predigt am
Vorabend
des sechsten Sonntags der Osterzeit in der Pfarrkirche St. Katharina in
Molpertshaus von bedeutsamen „Grenzüberschreitungen“ und „Durchbrüchen“
gepredigt. Ausgehend von der Lesung aus der Apostelgeschichte, wo
berichtet
wird, dass Petrus in Cäsarea in das Haus des heidnischen Hauptmanns
Kornelius
ging und damit für einen Juden eine tatsächliche „Grenzüberschreitung“
beging,
entwickelte Schuhmacher mehrere Situationen von Grenzüberschreitungen
im Leben Jesu,
aber auch im Leben anderer Personen im Laufe der Kirchengeschichte.
Dabei ging er auch darauf ein, dass „Streit“ und Auseinandersetzungen
fast
schon immer in der Geschichte des Christentums waren und vielfach zu
Veränderungen und Anpassungen führten. Unter anderem nannte er die große
Auseinandersetzung in der Urgemeinde, als es darum ging, ob „Heiden“ zunächst
Juden werden mussten und sich damit auch beschneiden hätten lassen müssen,
bevor sie sich zum Christentum bekannten. Dabei setzte sich schließlich Paulus
durch, der von der Beschneidung und Übernahme der strengen jüdischen Gesetze
absah. Neben diesem Konflikt werden in der Apostelgeschichte auch weitere
genannt, die, so Pfarrer Schuhmacher, notwendig waren, damit sich aus der
kleinen Gruppe derer, die sich zu Jesus als dem Christus bekannten, das
Christentum werden konnte. Grenzüberschreitungen und damit vielfach auch
Durchbrüche gab es auch in der jüngeren Kirchengeschichte. So nannte der gebürtige
Mennisweiler die Grenzüberschreitung Johannes XXIII mit dem Zweiten
Vatikanischen Konzil, Johannes Paul II mit dem Treffen mit den Vertretern
anderer Religionsgemeinschaften zum gemeinsamen Gebet, Papst Franziskus mit
seinem Appell für eine „arme Kirche“ oder auch jüngst Weihbischof Matthäus
Karrer, der erklärte, dass er auch dem Wunsch homosexueller Menschen nach einer
Segnung nachkommen werde. Über all dem, was sich im Zusammenhang mit
Grenzüberschreitungen und Durchbrüchen ereigne, stehe, so Schuhmacher, die
Gewissheit, dass „Gott die Liebe ist“, wie es Papst Benedikt XVI nochmals in
seiner Enzyklika „Deus caritas est“ vom 25. Dezember 2005 unmissverständlich
deutlich machte.
Wie sehr Schuhmacher mit seinen Ausführungen auch aktuelle Diskussionen in der
Kirche meinte, konnte zwar erahnt werden, überließ er aber letztlich den gemäß
Corona-Regeln zahlreichen Gottesdienstbesucherinnen und -besuchern der
Vorabendmesse.
Text und Foto: Günter Brutscher
„Schola zu Sankt Kathrein“ singt zur höheren Ehre Gottes und zur Freude der Kirchenbesucher
Text und Foto: Günter Brutscher
Ma sagts ja im Guata!
Wenn für ein „Grüß Gott“ die Zeit fehlt – Rennradler und E-Biker treffen sich….
Unterwegs im Allgäu (Ende April 2021) - Als ich heute, am Sonntagnachmittag, auf Kapellentour über
Molpertshaus, Eintürnen, Brunnen, Holdenreute bis nach Wiggenreute unterwegs
war, sind mir, wie bei dem herrlichen Sonnenschein nicht anders zu erwarten
war, wohl bald hundert Fahrradfahrer begegnet bzw. im Weg gestanden, also zum
Überholen vor mir an der Seite gefahren. Jetzt hat es mich nicht sonderlich
verwundert, dass die Radler, egal ob mit E-Bike oder Rennrad, mich nicht
grüßten. Im Gegenteil, die E-Biker schauten manchmal, also beim Entgegenkommen,
schon etwas grimmig, so als hätten sie auf „Eco“ noch einen Balken bei der
Akku-Anzeige und die bedrohliche Meldung, dass die Reichweite gerade mal noch sieben
km beträgt. Also klar, schmale Straßen, Sonnenschein und dann fährt da einer,
nicht einmal mit einem Fahrradanhänger ausgestattet, durch die Gegend und
behindert die freie Fahrt den Fahrradfahrern. Aber das geht ja noch, kann man
akzeptieren.
Jetzt habe ich mir gedacht, jetzt schreibe ich das einfach mal der
Schwäbischen. Die wollen ja immer wissen, was einen bewegt, also nicht
das
E-Bike, sondern so seelisch oder geistig oder so. Und als alter
E-Biker, der
sich lieber als E-Biker bezeichnet, anstatt als Pedelecer, weil die
letzten
beiden Silben beim Pedelecer gar so blöd klingen, vor allem, wenn man
das „c“
hart wie ck ausspricht, bin ich eigentlich ziemlich oft auch mit
Unterstützung
und motorisiertem Rückenwind auf dem Fahrrad unterwegs. Jetzt habe ich
gesehen,
dass die Motorradfahrer immer ganz cool die linke Hand leicht zur Seite
heben,
um ihresgleichen Motorradfahrer zu grüßen. Als Mennisweiler sind wir es
sowieso
gewöhnt, dass man einander grüßt, auch aus dem Auto heraus, selbst wenn
man
eigentlich das Auto grüßt, weil man den Fahrer oder die Fahrerin oft
gar nicht
erkennt, aber eben doch sicherheitshalber die Hand oder mindestens ein
bis zwei
Finger leicht anhebt, weil vermutlich im bekannten Auto auch ein
bekannter Fahrer oder eine ebenso bekannte Fahrerin sitzt und lenkt.
Jetzt grüße ich also, wie fast alle Motorradfahrer und so ziemlich alle
Auto
fahrenden Mennisweiler eben auch Fahrradfahrer, wenn ich mit dem E-Bike
unterwegs bin, selbst wenn diese, also die anderen Fahrradfahrer/-innen
auch nicht
Mennisweiler sein sollten. Und, was passiert dann? Klar, die
E-Biker*innen
grüßen mehr oder weniger freundlich zurück. In der Freundlichkeitsskala
von eins bis
fünf (ganz besonders freundlich) kann man die Männer vielleicht mit
einer eins
bis zwei benoten, die Frauen mit drei bis vier (also fünf ist der
Bestwert!)
einstufen und den Kindern dann ohne Umschweife eine glatte fünf (also
jetzt ist
die fünf ausgezeichnet und die eins mal mangelhaft) geben. Das, so die
jahrelange Erfahrung meinerseits, gilt für die E-Biker. Jetzt bin ich
allerdings auch so vermessen, vielleicht gar überheblich, dass ich auch
die
Rennradfahrer grüße. Da fällt das Grußwort naturgemäß sehr kurz aus.
Zum „Grüß
Gott“ reicht es nicht, da sind die schon lange an einem vorbei gefahren
und
überholen kann ich ja sowieso keine(n) Rennradfahrer*in. Also „hallo“
geht ganz
knapp, „hi“ bewährt sich am besten, „Servus“ ist halt auch schon
zweisilbig und
zu lang. Nun aber kommt’s. Ohne dass ich noch alle gezählt hätte, kann
ich
leicht sagen, dass in all den E-Bike-Jahren nur ein einziger Rennradler
wenigstens ansatzweise zurück gegrüßt hat. Den hätte ich gerne sogleich
auf ein
Radler(!) eingeladen, der war aber eben ganz schnell schon wieder weg
und jetzt
mit Corona geht es sowieso grad nicht. Die Rennradler zeigen also nicht
nur
durch das Tragen sehr bunter, an Wurstpellen erinnernde
Funktionskleidung
und durch Nichtnutzen der Radwege, dass sie
ganz eigene Verkehrsteilnehmer sind und sich deutlich von uns Normal- oder gar
E-Bike-Radfahrern absetzen, sondern auch durch konsequente Nichtbeachtung anderer Radfahrer.
Vielmehr schauen sie vielfach nach unten, den Rücken windschnittig gebeugt.
Aufschauend machen sie nicht selten einen verschwitzten, viel öfters aber auch
verbissenen Eindruck, sodass jedem sogleich klar ist, Rennfahren macht riesigen
Spaß, jedenfalls bergauf.
Also, mal sehen, vielleicht grüßt ja in Zukunft nach diesem Gruß-Hilferuf doch
mal jemand, vielleicht lächelt ja auch ein Rennfahrer oder eine Rennfahrerin
mal, ohne mich als E-Biker eben auszulachen, weil ich nicht mehr gar so fit
bin, aber noch gerne in unserer wunderschönen Gegend und Heimat die frische
Luft atmend und Kapellen besuchend herumfahre.
Nix für u’guat, wie es bei uns heißt, meint jedenfalls
Günter Brutscher